Schlagwort: FlashFiction

  • 055. Seepferdchen

    Seepferdchen

    Auf dem Dressurplatz machte sich der nächste Reiter bereit. Jetzt galt es, um die heiß begehrte Goldmedaille zu kämpfen.
    Das Startsignal ertönte, das Pferd setzte sich in Bewegung. Doch noch vor dem ersten Hindernis bockte es, warf seinen Reiter ab und verließ das Stadion. Nur wenige Meter davon entfernt sprang es in einen See und schwamm davon.
    „Ich hab die Nase voll, ständig jemand auf mir durch die Gegend zu tragen. Ich schule um auf Seepferdchen. Das habt ihr jetzt davon.“

    (c) 2023, Marco Wittler

  • 054. Tarzan

    Tarzan

    „Schaut mich an! Ich bin Tarzan. Ich schwinge mich von Liane zu Liane, von Ast zu Ast.“
    Todesmutig streckte die kleine Fliege ihre Arme aus und sprang. Beinahe hätte sie die nächste Wimper verfehlt, erreichte sie dann aber doch noch.
    „Pah! Ich bin sogar noch besser als Tarzan.“
    In diesem Moment näherte sich eine Hand. Die Fliege startete ihre Flügel und schwang sich in die Lüfte.
    „Verdammt! Warum müssen diese Menschen immer genau dann wach werden, wenn es gerade besonders viel Spaß macht?“

    (c) 2023, Marco Wittler

  • 053. Nachtlicht

    Nachtlicht

    „Ich hasse es.“ Gerd kniff die Augen zusammen. „Ich will schlafen. Licht aus!“
    Warum mussten die Nachbarn die Nacht immer zum Tag machen? Er musste Morgen wieder sehr früh raus.
    „Jetzt reicht es mir aber. Jetzt gibt es richtig Ärger.“
    Gerd stand auf, wollte gerade das Fenster aufreißen und sich beschweren, als sein Blick auf sein Spiegelbild in der Glasscheibe fiel.
    „Oh, schon wieder vergessen, dass ich ein Glühwürmchen bin.“
    Er schaltete den leuchtenden Hintern ab und ging zurück ins Bett.

    (c) 2023, Marco Wittler

  • 052. Flirt

    Flirt

    „Mama komm schnell. Ich glaube, Papa flirtet mit einer anderen. Ich habe ihn im Wohnzimmer gehört.“
    Mama ließ sofort alles stehen und liegen. Sie lauschte an der Tür und hörte ihn.
    „Na, du süße Schnecke. Wie wärs? Ich hab unglaubliche Lust auf dich.“
    Mama machte einen Schritt zurück, trat kräftig gegen die Tür und stürmte ins Wohnzimmer. „Was machst du da?“
    Papa, der vor Schreck fast vom Stuhl gefallen wäre hielt ein Hefeteilchen hoch. „Ich esse Zimtschnecken. Die liebe ich doch so sehr.“

    (c) 2023, Marco Wittler

  • 051. Waschmaschine

    Waschmaschine

    Boah, ich bin richtig stinkesauer.“
    Emil kam ins Wohnzimmer und ließ sich auf das Sofa plumpsen.
    „Was ist denn mit dir los?“ Papa hatte nichts mitbekommen und war deshalb neugierig. „Ist etwas Schlimmes passiert?“
    „Das kann mal wohl sagen. Ich war gerade im Keller und habe meinen Teddy in der Waschmaschine gesehen.“
    Papa lachte. „Der hatte es aber auch mal nötig.“
    „Ja, ich weiß. Aber jetzt darf mein Teddy Achterbahn fahren und ich nicht.“

    (c) 2023, Marco Wittler

  • 050. Alarm

    Alarm

    „Wir haben es gleich geschafft. Nur noch ein paar Meter.“
    Eine flüsternde Stimme näherte sich dem Bett. „Im Nachttisch ist der Süßkram versteckt. Den holen wir uns jetzt.“
    Plötzlich krachte es laut. Das Kind im Bett wachte auf und schreckte hoch.
    „Ha! Wusste ich es doch. Die eigenen Geschwister wollen einem die Schokolade klauen. Wie gut, dass ich vorher eine Tüte Chips auf dem Boden verteilt habe. Das ist die beste Alarmanlage, die es gibt.“

    (c) 2023, Marco Wittler

  • 049. Schwertschlucker

    Schwertschlucker

    Es war dunkel. Bis auf ein leises Hüsteln war nichts zu hören. Die Menge wartete gespannt.
    Scheinwerfer flammten auf. In der Mitte der Manege stand eine einzelne Person. Unter der Begleitung dramatischer Musik, hob sie ein silbernes Schwert, führte es an den Mund und schob es langsam in den Rachen.
    „Das ist ein billiger Luftballon.“ Ein Zuschauer beschwerte sich.
    „Na und?“ Der Ballon flog davon. „Ich bin Clown und nur Ersatz für den kranken Schwertschlucker. Ich hab mir das nicht ausgesucht.“

    (c) 2023, Marco Wittler

  • 048. Ring

    Ring

    Paula blieb nach mehreren Joggingkilometern auf einer Brücke stehen. Schwer atmend lehnte sie sich über das Geländer und sah zum Bach unter sich herab.
    Plötzlich rutschte ihr ein Ring vom Finger und fiel ins Wasser. Er versank, bis er auf dem Kopf eines Frosches zum Liegen kam. Dieser sprang sofort zur Oberfläche.
    „Ja, ja, ja!“ Er konnte seine Begeisterung nicht verbergen. „Ja, ich will! Mit so einem überraschenden Heiratsantrag hätte ich niemals gerechnet.“

    (c) 2023, Marco Wittler

  • 047. Schnarcher

    Schnarcher

    Während er aus dem Märchenbuch vorgelesen hatte, war Papa neben Emmas Bett eingeschlafen.
    „Na, toll. Und wer liest mir jetzt das Ende vor?“
    Emma überlegte kurz und begann zu grinsen. „Dann mache ich das eben selbst.“
    Sie legte sich hin und schloss die Augen.
    „Das laute Schnarchen des eingeschlafenen Prinzen brachte die Wände des Turms zum Wackeln, bis er zur Staub zerbröselte. Rapunzel war endlich frei und würde sich von nun an von allen Hexen fernhalten.“

    (c) 2023, Marco Wittler

  • 046. Eisbär

    Eisbär

    Neulich im Zoo.
    „Du, sag mal. Ist es dir hier nicht viel zu warm, so als Eisbär?“ Der Löwe vom Nachbargehege lehnte sich über den Zaun. „Du fühlst dich am Nordpol doch bestimmt viel besser.“
    Der Eisbär verdrehte die Augen. „Warum denkt das eigentlich jeder? Am Nordpol ist es viel zu kalt. Da frieren mir die Füße ab. Ich bin ein Eisbär, weil ich wahnsinnig gern Spaghettieis esse mit Sahne esse.“

    (c) 2023, Marco Wittler

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