Gewitter
Wenn Blitze aus dem Himmel zucken
und Wolken kräftig Regen spucken,
wenn Tiere sich vor Schreck wegducken
und Kinder aus den Fenstern gucken,
Wenn auf der Heide sich die Schnucken
unter einer Hecke ducken,
dann fallen dem Dichter keine Reime mehr ein,
drum hört er auf und geht jetzt heim.
(c) 2023, Marco Wittler
Wilhelm fällt durch
Wilhelm war bereit für die erste Geisterschulprüfung. Er sollte nicht nur auf dem Wind, sondern auf einem gefährlichen Wesen reiten.
Er griff in den Beutel des Prüfers, zog sein Los: Werwolf.
Wilhelm grinste, nickte und ging vor die Tür. Sekunden später raste er auf einem rosa Tier mit langen Zähnen am Fenster vorbei. Lautes Geheule drang an die Ohren des Prüfers.
„Durchgefallen!“, sagte dieser sauer. „Und nehmt ihm das kostümierte Schwein ab. Das ist nicht so gefährlich, wie ein Wolf.“
(c) 2023, Marco Wittler
Wilhelm hat da eine Frage
Wilhelm war aufgeregt. Heute sollten die Kreaturen der Nacht die Geisterschule besuchen. Werwölfe, Mumien, Zombies, Monster und mehr betraten gerade die große Eingangshalle.
Zielstrebig ging Wilhelm auf jemanden in einem langen Umhang zu, der gerade seine langen Zähne aufblitzen ließ.
„Ich bin Wilhelm von der Ghost Times.“ Er hielt dem Blutsauger ein Mikrofon unter die Nase.
„Haha. Interview mit einem Vampir. Das hat noch keiner mit mir versucht.“ Er ergriff genervt die Flucht.
(c) 2023, Marco Wittler
Wilhelm ist mucksmäuschenstill
Wilhelm blickte auf den großen Kalender, der in der Eingangshalle der Geisterschule hing. Heute fanden die Prüfungen der älteren Jahrgänge statt. Es wurde um unbedingte Stille gebeten.
„Perfekt!“ Wilhelm setzte sich seine Kopfhörer auf. „So wird niemand meine Musik hören und ich störe niemanden.“
Dann spazierte er durch die alten Gemäuer und begann, laut zu singen.
„All I ever wanted, All I ever needed, is here in my arms …“
Depeche Mode waren einfach die beste Band für eine stille Zeit.
(c) 2023, Marco Wittler
Wilhelm schleicht sich an
Wilhelm war besonders aufmerksam. Den Unterricht in der Geisterschule leitete ein Ureinwohner aus Amerika, der ihnen lautloses Schleichen beibrachte.
„Wer will uns das jetzt demonstrieren? Wer kommt nach vorn?“
Wilhelm sprang auf, stolperte, stieß sich das Knie an seinem Tisch und trat auf einen am Boden liegenden Bleistift, der laut knackend in mehrere Teile zerbrach. Der Geist stürzte der Länge nach auf den Boden.
„Das ist ausbaufähig.“, kommentierte der Kursleiter kopfschütttelnd.
(c) 2023, Marco Wittler
Wilhelm geht fischen
Wilhelm stand am Wassergraben der Geisterschule. Er war auf der Suche nach einem tierischen Begleiter.
„Ich wähle einen Fisch. Der kann nicht weglaufen. Aber woher bekomme ich ein Netz?
Eine Spinne ließ sich von einem Baum herab, webte eines und wickelte des Geist darin ein.
„Fische gehören ins Wasser, nicht an Land, wo sie sterben. Du bekommst heute keinen Begleiter. Ich aber schon. Ob du willst oder nicht.“
Die Spinne grinste. „Ich wollte schon lange jemandem meine Lebensgeschichte erzählen.“
(c) 2023, Marco Wittler
Wilhelm ist voll stark
Wilhelm schwebte in die Sporthalle der Geisterschule. Es tand Fitnesstraining auf dem Stundenplan.
„Ich muss nicht trainieren. Ich bin der stärkste Geist aller Zeiten.“
Wilhelm griff zu einer langen Kette, hob sie über seinen Kopf und riss sie unter lautem Schreien entzwei.
Die anderen Geister blickten ihm respektvoll nach, als er die Halle verließ und in einer dunklen Ecke verschwand. Dort stopfte er sich die Würstchenkette in den Mund und schmatzte zufrieden.
(c) 2023, Marco Wittler
Wilhelm braut sich was zusammen
Wilhelm war begeistert. Endlich durfte er sich an Lektion 18 des Lehrbuchs aus der Geisterschule versuchen. „Braue eine Liebestrank.“
Wilhelm sammelte Zutaten, kochte sie in einem alten Kupferkessel auf offener Flamme. Schon bald würde er eine Geisterfrau verzaubern.
Doch dann erschrak er. Der Dampf über dem Kesselformte einen Totenschädel. Als dieser Wilhelms Haar erreichte, fielen ihm alle Haare aus.
„Verdammt! Meine Locken sind tot.“
Knifften schmieren war eindeutig einfacher als Kochen.
(c) 2023, Marco Wittler
Zebra
Ziggy Zebra stellte die geleerte Kaffeetasse weg und warf einen Blick durch das Fenster in die Savanne.
„Verdammt! Da draußen lauert schon wieder die Löwengang. Ich werde zu spät zur Arbeit kommen.“
Ziggy dachte am Küchentisch über seine Chancen nach, als sein Blick auf die Zitronen in der Obstschale fielen. Er grinste. „Perfekter Farbstoff.“
Fünf Minuten später öffnete sich die Haustür. Die Löwen erschraken, als ihnen ein Tiger entgegentrat.
(c) 2023, Marco Wittler
Wilhelm lässt es krachen
„Halloween! Bald ist wieder Halloween! Dieses Jahr werde ich es mal so richtig krachen lassen.“
Geist Wilhelm war außer sich vor Freude. Dieses Jahr wollte er keine Angst zeigen.
„Ich werde mit meinen Geisterkräften ein Dinosaurierskelett zum Leben erwecken und durch die Straßen wandeln lassen.“
Wilhelm verschaffte sich Zugang zum Museum, erschrak in der Eingangshalle aber vor seinem eigenen Schatten. Er stieß gegen das Skelett und brachte es zu Fall.
„Also krachen lassen kann ich.“
(c) 2023, Marco Wittler